Macht Selbstständigkeit glücklich? Mit dieser Frage lädt Peer Wandiger zur Blogparade ein. Kann man glücklich sein, wenn man als Selbstständiger doch

  • mehr arbeitet als ein Angestellter
  • ein größeres Risiko hat
  • und oft auch weniger verdient?

Arbeit ist definitv nicht alles, was der Mensch zum Glück braucht. Aber wenn ich schon einen erheblichen Teil meiner Lebenszeit damit verbringe, dann auch „richtig“.

Das Vorher-Nachher Resumee in Sachen Glück

Wie messe ich das Glück? Als Angestellte hatte ich bereits sonntags schlechte Laune. Ich lebte zielgerichtet auf den nächsten Urlaub und das nächste lange Wochenende. Meine Arbeit als Marktforscherin in der Beratung und Projektmanagement habe ich geliebt und auch solche Zeiten, in denen es zur Sache ging: Enge Termine meistern und knifflige Denksportaufgaben lösen, sind mein Ding. Aber mir liegt es nicht, mit Menschen eng zusammen zu arbeiten, die ich mir nicht ausgesucht habe. Und ich unterwerfe mich nicht gerne Anforderungen, in denen ich keinen Sinn sehe und die mir das Leben schwer machen. Das gibt es in der Selbstständigkeit allerdings auch, doch dazu später mehr.

Kurz: seit meiner Kündigung Ende 2004 und dem Schritt in die Selbstständigkeit springe ich Montags – meistens – aus dem Bett und bin bereit Bäume auszureißen.

Glücksbringendes und Nerviges bei der Selbstständigkeit

Welche Dinge machen dich unglücklich? Diese Frage nach den eher unfrohen Bereichen ist eine von Peers Leitfragen zur Blogparade. Unglücklich machen mich die Dinge, die den Gang in das freie Arbeiten zu einem Hürdenlauf machen, bei denen die Hindernisse von unbekannter Höhe und Ausmaß sind. Aber fangen wir mit dem motivierenden Bereich an. Wer gründet, möchte in erster Linie in sein Geschäftsfeld eintauchen, dort seine Nische finden und gute Arbeit für seine Kunden machen. Vielleicht eigene Produkte entwickeln oder sein Wissen vermitteln. Das ist der Bereich, der Spaß macht. Hier eigene Ideen verwirklichen, Neues ausprobieren und sich weiterbilden; all das nach den eigenen Bedürfnissen und bei freier Zeiteinteilung am Ort meiner Wahl, das sind meine Glücksfaktoren.

Dazu gesellen sich dann die Vermarktung, das Marketing, die Akquise. Hier wird es schon weniger rosig. Es sind eher Bereiche, die nicht jedem Spaß machen, mir auch nicht. Allerdings bieten heutige Vertriebskanäle und Online Produkte mehr Möglichkeiten. Wir können das eigene Business so gestalten, dass auch die Form der Vermarktung zu uns passt. Ein telefonisches Abklappern von potentiellen Kunden ist glücklicherweise nicht mehr das Maß aller Dinge in der Kundengewinnung.

Ein weiterer Baustein von Unternehmern gleich welcher Größe sind die Verpflichtungen, darunter sind wahre Spaßbremsen. Dazu gehören unliebsamen Themen wie Steuern, Finanzamt, Formalitäten, EU-Rechte mit entsprechenden Konsequenzen, die einem als Soloselbstständiger durchaus schlaflose Nächte schenken können. Ständige Änderungen in Gesetzen und Regelungen, deren Umsetzung aber noch nicht geklärt sind, Abmahnfallen etc. lassen hin und wieder den Wunsch nach einem warmen Angestelltenjob aufkeimen. Dies ist der Bereich, der mich ansatzweise unglücklich macht, der einiges an Energie und schlichtweg viel Geld kostet. Daher liegt mein Glückslevel auch nicht bei 100%.

Praktische Tipps für eine glückliche Selbstständigkeit

Peer fragt in der Blogparade nach Tipps. Ein Patentrezept nach dem Motto „3 Dinge, die Dir eine glückliche Selbstständigkeit garantieren“, habe ich nicht auf Lager. Und ich gehe davon aus, dass jedem etwas anderes gut tut. Nach 12 Jahren auf der freien Wildbahn weiß ich was für mich gut ist:

1) Die richtigen Menschen an meiner Seite

Ich brauche Menschen, die mich in meinem Business unterstützen und mit denen ich mich austauschen kann. Mir helfen dabei vor allem meine Cocoaches, die mich schon lange und gut kennen. Sie geben mir gnadenlos Feedback und rücken mir auch mal den Kopf zurecht. Viele neue Ideen durchlaufen so einen ersten Check, weil ich selber bereits beim Erzählen merke, ob ich diese Idee wirklich verfolgen möchte.

Ein breites Netzwerk aus anderen Selbstständigen bietet die Möglichkeit, außerhalb des eigenen Dunstkreises zu kommunizieren und sich nicht nur in der eigenen Themenwelt zu tummeln. Dieses Netzwerk hilft auch, sich über den Formalitätendschungel hinweg zu retten. Mit anderen Selbstständigen kann man nicht nur tüchtig jammern, sondern auch entsprechend Tipps austauschen und Empfehlungen erhalten.

Kunden, für die ich gerne arbeite. Das Thema „Wunschkunden finden“ ist nicht umsonst ein häufiges Angebot in der Welt der Onlinekurse und in der Literatur. Für Menschen zu arbeiten, mit denen die Kommunikation gut klappt und es eine gegenseitige Wertschätzung gibt, bringt Motivation und Leichtigkeit im Arbeitsalltag. Das heißt keineswegs, dass die Wunschkunden beste Freunde werden müssen.

Private Kontakte unterteile ich mittlerweile nach ihrer Affinität zum Thema Selbstständigkeit. In den ersten Jahren konnte ich schwer damit umgehen, dass dies für Angestellte eine ganz andere Welt ist und nur bedingt auf Interesse stößt.

2) Das eigene Ding machen

Ein weiteres Thema, das bei Onlinekursen weit verbreitet ist: Was willst Du wirklich? Genau das zu machen, was mir wirklich Spaß macht, lässt mir auch den Montagmorgen so golden erscheinen. Allerdings findet sich das eigene Ding nicht auf Knopfdruck, sondern entwickelt sich erst im Laufe der Zeit und beim Umsetzen der Projekte. Auf dem Weg dahin habe ich definitiv ein paar Sackgassen mitgenommen. Ein umfangreiches Herzensprojekt gab ich nach einem Jahr auf. Aber auch das war nicht umsonst, sondern hat mir einiges Wissen gebracht, das ich heute nutzen kann. Und ich weiß nun auch, dass ich solche Projekte, an die ich mal hundert prozentig glaubte, loslassen darf.

Auf dem Weg zum eigenen Ding hatte ich das Problem, zeitgleich an zu vielen Projekten zu hantieren. Upps, das schreibe ich in Vergangenheitsform, das ist falsch … Aber die Themenbereiche haben mittlerweile eine gewisse Hierarchie bekommen. Ich teile die weit verbreitete Meinung nicht, dass man nur für eine einzige Sache stehen darf. Wenn es mir gut tut, kann ich durchaus mehrere „mein Ding“ Themen verfolgen. Auch das fördert das eigene Glück.

3) Geduld …

Das richtige Maß an Geduld und Durchhaltevermögen hilft, wichtige Projekte zu verfolgen. Bei der ersten Kritik oder einem unvermeidlichen Durchhänger sollte man nicht gleich das Handtuch werfen.

Andererseits bringt es nichts, an einem Projekt um jeden Preis fest zu halten. Dies ist ein Balanceakt, den ich erst lernen musste. Und so gibt es auch im Onlinekurse Kompass Veränderungen, bis das Konzet für mich stimmt. Dabei tut mir ein bisschen Abstand gut. Die Dinge mal einen Tag liegen lassen und etwas ganz anderes machen, rückt den Blick zurecht. Geduld zahlt sich auch aus, das Projekt dehnbar zu lassen, so dass ich es noch anpassen kann im Laufe des Projektentwicklung.

Zu Beginn meiner Selbstständigkeit war das alles anders, und mir fehlten diese Glücksfaktoren, was ich zu dem Zeitpunkt allerdings nicht wissen konnte. Auch das brauchte Geduld! Und es kann gut sein, dass es in ein paar Jahren wieder anders wird.

Ein frommer Wunsch von mir ist, dass gerade Soloselbstständigen weniger bürokratische Steine in den Weg gelegt werden. Es geht leider viel Energie, Zeit und Geld flöten, um sich kuriosen Regelungen zu unterwerfen.

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Eva Peters betreibt den Onlinekurse Kompass und den Blog artilda für Deine kreative Seite